In Gedenken an …

Ich habe lange über­legt ob dieses The­ma über­haupt hier was zu suchen hat. Aber es beschäftigt mich doch sehr inten­siv, also wieso eigentlich nicht.

Vor eini­gen Monat­en habe ich erfahren, dass jemand aus mein­er Kind­heit, sehr über­raschend gestor­ben ist. Mit ger­ade mal 30 Jahren, kam der Tod für die Fam­i­lie und Fre­unde sehr uner­wartet. Und obwohl wir seit über 15 Jahren keinen Kon­takt mehr hat­ten und ich von diesem Schick­salss­chag nicht betrof­fen war, hat es mich den­noch sehr getroffen.

Sei­ther ist sein Tod rel­a­tiv präsent in meinem Leben, alleine schon durch meine Facebooktimeline.

Es gibt viele Wege mit der Trauer umzuge­hen. Die meis­ten igelt sich irgend­wie ein. Man hat das Gefühl, kein Recht mehr auf Spaß zu haben und die Trauer hängt wie eine schwarze Wolke über allem und legt im Leben irgend­wie alles lahm. Doch nicht in diesem Fall. Es ist inter­es­sant zu sehen, wie kreativ man mit dem Ver­lust umge­hen kann, dass die Hin­terbliebe­nen nicht den Lebens­mut ver­lieren und die eigene Trauer nicht in den Vorder­grund rückt son­dern es viel mehr darum geht das Gedenken an einen geliebten Men­schen aufrecht zu erhalten.

Es bringt natür­lich einen selb­st zum Nach­denken. Also jet­zt nicht dieses, in-hier-und-jet­zt-leben Gerede, dann wäre man ver­mut­lich inner­halb ein­er Stunde kom­plett pleite und wüsste nicht was man mit dem Rest des Tages anfan­gen soll, son­dern ein­fach mal guck­en, was man so im Leben macht. Worauf man sich so fokussiert. Ein­fach pos­i­tiv an das Leben ran gehen und anfan­gen Spaß damit zu haben was man hat.

“Kön­nte es sein, dass ich den Sechser im Lot­to niemals bekom­men werde, weil ich ihn bere­its habe?”

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Oh, ein Klavier, ein Klavier

Ich koket­tiere ja ganz gerne damit, dass ich völ­lig unmusikalisch bin, das hat mir ja auch schon den einen oder anderen amüsan­ten Abend bescherte. Aber die völ­lige Abwe­sen­heit des musikalis­chen Tal­ents und der Unwille, mich von der Kun­st der Musik ein­fan­gen zu lassen, ist tief in mir verwurzelt.

Anfan­gen hat das Ganze in den 60er Jahren. Mein Opa war ein lei­den­schaftlich­er Zock­er. Da aber das Glücksspiel in der dama­li­gen UdSSR ver­boten war, blieb ihm nichts anderes übrig, als sich bei den Spießern einzurei­hen und an der monatlichen Lot­terie Ver­losung teilzunehmen. Aber nicht schlimm genug, dass man diesen Ner­venkitzen nur ein­mal im Monat mit zig anderen Spin­nern teilen musste, nein viel schlim­mer war, die Tat­sache, dass man nicht mal Geld gewin­nen kon­nte, son­dern irgendwelche Sachgüter. Ein Tep­pich, ein Fernse­her, vielle­icht sog­ar mal ein Auto oder eine Reise auf die Krim ans schwarze Meer, ja früher war das tat­säch­lich mal was Schönes. Also alles nüt­zliche Ding, die man irgend­wohin in die Woh­nung stellen kon­nte, oder wenig­stens, die einem was gebracht haben. Und so geschah es, dass eines Tages mein Opa an der Türschwelle mit seinem neuesten Gewinn stand, einem Klavier. Zwar komme ich aus ein­er jüdis­chen Fam­i­lie, aber mit dem Fid­dler auf dem Dach sind wir defin­i­tiv nicht ver­wandt, und aus­gerech­net dieses eine Klis­chee ist in voller Gänze an uns vor­bei gegan­gen. Also wurde das Teil in die winzige Bude mein­er Großel­tern buxiert

Jahre­lang wurde es als unprak­tis­che Ablage ver­wen­det, sper­rt die halbe Woh­nung und stand als dro­hen­des Mah­n­mal für die Leicht­fer­tigkeit meines Opas. Mit den 80er Jahren kam auch die neue Gen­er­a­tion ins Haus, und das Klavier stand nach wie vor völ­lig unberührt, wie eine alte Jungfer, da. Als kleines Kind hielt ich es für einen etwas mis­s­rate­nen Schrank und weniger für ein Musikin­stru­ment. Zwar hat­ten wir im Kinder­garten auch ein Klavier, auf dem jeden Mor­gen das Pro­pa­ganda­gesinge begleit­et wurde, aber das Klavier hat­te nichts mit dem Mon­strum bei meinem Großel­tern gemein­sam. Es ist schon bis zu uns durchge­drun­gen, dass man es spie­len kann, aber (A) durften wir auf­grund der fast krankhaften über­vor­sicht mein­er Groß­mut­ter eh nicht dran, man kön­nte sich ja irgend­wie daran ver­let­zten und (B) selb­st wenn wir es gewollt hätte, hätte wir die Klappe nicht aufgekriegt, da drauf viel zu viel Zeug rumstand.

Und dann eines Tages geschah das Unfass­bare. Das Klavier wurde leer geräumt, ein sehr streng riechen­der, sehr großer Mann kam zu meinen Großel­tern, mit einem Kof­fer voller merk­würdi­ger Dinger und machte die Klappe auf und fing auf dem in Jahre gekommen­em Musik­falggschiff rum zu häm­mern. Man merk­te wie das Klavier sich quälte und nicht aus dem Win­ter­schlaf erwachen wollte, es hat sich mit sein­er Rolle als Ablage abge­fun­den und hat sie sog­ar lieb gewon­nen und wollte ein­fach in Ruhe die näch­sten 20 Jahre nichts mehr anderes tun. Nach dem der Stinker mit dem Gerät fer­tig war, herrschte große Aufre­gung. Die Fam­i­lie hat sich ver­sam­melt, mein Vater rief mich in die Mitte und verkün­dete mir voller Stolz, dass dank den guten Beziehun­gen mein­er Groß­mut­ter, ich bald in eine Musikschule aufgenom­men werde und lerne Klavier zu spie­len. Man, war ich da stolz!!!! Da hat man ein­fach die Risiken der Ver­let­zungs­ge­fahr eines Klavieres völ­lig über Bord geschmis­sen und lässt mich unbeauf­sichtigt daran.

Es fol­gten die zwei ein halb Jahre voller Qualen und Schmerz. Zweimal die Woche Klavierun­ter­richt, vor der Schule!!!!!! Ein­mal die Woche, am WOCHENENDE Chor und ein­mal die Woche Solfeg­gio, mit Hausauf­gaben und Prü­fung!!!!! Nach dem ich dreimal meinen Klavier gewech­selt habe, hat­te man nicht mehr viel Hoff­nung in mich geset­zt, aber dank den guten Beziehun­gen mein­er Groß­mut­ter musste ich trotz­dem hin. Im Chor hat man mir ger­at­en nur zu den Vorstel­lun­gen zu kom­men und ein­fach mich an den Rand zu set­zen und den Mund aufzu­machen. Im Solfeg­gio, ich habe erst später erfahren, dass ich eigentlich hin musste.

Nein wahrlich, ich bin und bleibe völ­lig unmusikalisch. Aber eins ste­ht mit großer Sicher­heit fest, diesen Spaß dür­fen meine Kinder nicht verpassen.

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